Auf diese Frage wollen wir versuchen, ein paar Antworten zu geben.
Wörtlich übersetzt, bedeutet Karate Do „Der Weg der leeren Hand“. Das bedeutet, Karate ist eine waffenlose Kampfkunst. Durch das Training soll der Karateka befähigt werden, seinen Körper als „Waffe“ einzusetzen. Es werden Fußtritte, Faust-, Handkanten-, Finger-, Unterarm-, und Ellenbogentechniken trainiert. Diese Techniken erfordern ein gewisses Maß an Koordination und Beweglichkeit. Sich diese Fähigkeiten anzueignen, gehört auch zum Training.
„Karate ni sente nashi!“ – „Es gibt keinen (ersten) Angriff im Karate!“. Dieser Ausspruch macht deutlich, dass das Karate Do eine friedliche Kampfkunst ist, die über die körperliche Ertüchtigung hinaus, ausschließlich der Selbstverteidigung dient.
Das Training im Karate lässt sich wie folgt unterteilen: Kihon, Kata sowie Kumite und alles „überspannend“ die Selbstverteidigung. Die Grenzen zwischen den Übungsformen sind fließend. Über die Zeit haben sich auch verschiedene Stilrichtungen entwickelt.
Früher wurden die verschiedenen Kampfkünste nicht nur erlernt und trainiert, um sich verteidigen oder kämpfen zu können. Sie wurden auch als Weg gesehen, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Die Kampfkünste sollten zudem zu einer Vervollkommnung des Charakters führen. Dies sollte durch Meditation und hartes Training gelingen. Erzieherische Aspekte spielten eine große Rolle.
Dieser Teil des Karate hat in unserer Zeit womöglich an Bedeutung verloren. Oder vielleicht doch nicht? Am Training teilzunehmen bedeutet nicht nur pünktlich zu erscheinen, seinen Karate Gi anzuziehen und dann „mal gucken, was heute dran ist“. In dem Moment, in dem man das Dojo betritt, muss man auch bereit sein, sich auf das Karate Do einzulassen und versuchen, sich vom Alltag zu lösen. Das heißt, sich dem unterrichtenden Meister unterzuordnen und sich in die Trainingsgruppe einzufügen. Daher sollte das Verhältnis zwischen Meister und Schüler sowie der Schüler untereinander immer von Respekt und Achtung voreinander gekennzeichnet sein. So wird im Partnertraining nicht nur Angriff und Abwehr geübt, es wird auch jedem klar, dass man dem Partner gegenüber Verantwortung hat – nämlich ihm das richtige Üben zu ermöglichen und ihn beim Üben nicht zu verletzen. Der Karateka muss lernen, seinen Körper und seine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. So ist es auch im Kampf und nicht zuletzt in der Selbstverteidigung.
In dem man sich beim Üben an seine Leistungsgrenzen führen lässt, werden nicht nur die Karatetechniken präziser, schneller und kraftvoller. Es kann dadurch auch gelingen, Eigenschaften wie Durchhaltevermögen, Ausdauer und Willenskraft zu entwickeln oder weiterzuentwickeln. Die zu übenden Techniken und Bewegungsabläufe erfordern zusätzlich ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration. In der Summe sind dies alles Eigenschaften, die auch im Leben außerhalb des Dojos eine wichtige Rolle spielen, oder? Der Begründer unserer Stilrichtung Funakoshi Gichin (1868 - 1957) stellte hierzu die "20 Paragraphen des Karate" auf. Aus diesen wurden die Dojo kun - die Dojoregeln abgeleitet. Diese Regeln müssen in jedem Training und in jedem Dojo Platz finden. Im Karate Do liegt also sehr viel mehr, als man auf den ersten Blick vielleicht erkennen mag.
Es bleibt nicht zuletzt den Meistern überlassen, wie viel sie an ihre Schüler weiter geben. Jeder kann für sich selbst bestimmen, wie weit er gehen und wie ernsthaft er Karate Do betreiben möchte.